Laut des Koalitionsvertrages will die Bundesregierung bis zum Jahr 2020 die CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent reduzieren. Dieses Ziel ist unter Wirtschaftsexperten sehr umstritten und gilt am äußerst ambitioniert.
Umweltministerin will Ausstieg aus der Braunkohle
Eine Möglichkeit zur Umsetzung dieses Ziels sieht Umweltministerien Barbara Hendricks in der Abschaltung von Kohlekraftwerken durch den Staat.
Diese Idee wurde durch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel widersprochen. Einen sofortigen Ausstieg aus der Kohle ist für ihn ökonomischer Selbstmord. Dies machte er im Zuge einer Rede vor der dena vergangene Woche klar.
Maßnahmen des Umweltministeriums reichen nicht aus
Das Umweltministerium erarbeitete einen Aktionsplan um die Klimaschutzziele zu erreichen. Diese würden dazu jedoch nicht ausreichen. Das Wirtschaftsministerium arbeitete daher unter Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Baake und dem Abteilungsleiter Energie, Urban Rid, Pläne für einen partiellen Kohleausstieg. Danach sollten diverse Stein- und Braunkohlekraftwerke mit insgesamt fünf Gigawatt Leistung aus dem Markt genommen werden.
Liste über mögliche Kraftwerks-Stillegungen
Der „Welt“ liegt eine Liste vor, die zwar ohne Absenderadresse ist, jedoch insgesamt 28 Kraftwerksstandorte aufführt, die abgeschaltet werden könnten. Alle Kraftwerke auf der Liste zusammengenommen ergeben zehn Gigawatt Leistung. Dies reicht aus, um die 40-Prozent-Marke bei den Klimaschutzzielen zu erreichen. Auf der ominösen Liste befinden sich  Steinkohlekraftwerke unter anderem Kraftwerke von E.on (Scholven B und C, Wilhelmshaven 4). Der Kraftwerksbetreiber Steag sollte fünf Kraftwerke mit insgesamt 1.500 Megawatt aufgeben.
Vattenfall wurde der Verzicht auf die Kraftwerke Wedel und Reuter vorgeschlagen. Die Stadtwerke Hannover sollten den Block Mehrum mit 690 Megawatt aufgeben und die Stadtwerke Bremen die Anlage Bremen-Hafen 4.
Zu den Steinkohlekapazitäten von insgesamt 4.965 Megawatt führt die Liste 14 Braunkohlekraftwerke mit insgesamt 5.066 Megawatt Leistung auf. Diese gehören alle zu RWE , darunter die Blöcke Niederaußem C bis H, drei Anlagen in Neurath sowie weitere Kraftwerke in Frimmersdorf und Weisweiler.
Vattenfall wäre größtenteils von Schließungen ausgenommen worden
Vattenfall müsste nach dieser Liste nur wenige Anlagen schließen. Das liegt unter anderem daran, dass die Vattenfall-Anlagen in den östlichen Bundesländern relativ modern seien. Eine Zwangsstilllegung durch eine Verschärfung der Immissionsgrenzwerte wäre hier  schwierig. Zum anderen würde Vattenfall wohl keinen Käufer mehr für seine deutschen Braunkohleaktivitäten finden. Zehntausende Arbeitsplätze im strukturschwachen Osten ständen auf dem Spiel.
Energiekonzerne würden Stilllegungen begrüßen
Die Energiekonzerne hätten dennoch wenig dagegen. Mehrere Unternehmen, deren Steinkohlekraftwerke wegen der Energiewende kein Geld mehr abwerfen, würden eine „Stilllegungsprämie“ des Bundes kassieren. Durch diese Verringerung des Angebots würden auch die Strompreise am Großhandelsmarkt steigen. Experten gehen von Preisschüben von bis zu zehn Prozent aus.Die Stromproduktion würde sich damit wieder mehr rentieren.
RWE gegen Schließungen
Das einzige Unternehmen,  der nicht zur Schließung hätte überzeugt werden können sei die RWE. Der Konzern würde mit einer Schließung seiner Kraftwerke auch die Wirtschaftlichkeit der im Rheinischen Revier liegenden Tagebaue gefährden.
40 Prozent Ziel gilt als nicht haltbar
Ohne die Schließung der Kraftwerke kann Deutschland seine selbstgesteckten Ziele nicht erreichen. Das werde jedoch nicht passieren, wie Gabriel bekannt gab. Ob die Bundesregierung nun von den Zielen abweicht und realistischere Ziele setzt ist jedoch derzeit völlig unklar. Die Gegenteiligen Ansichten des Umwelt- und Wirtschaftsressorts bieten jedoch viel Gesprächsstoff.
Diskussion schadet dem Wirtschaftsstandort
Um Investitionen in Deutschland zu planen, benötigen jedoch alle Beteiligten verlässliche und berechenbare Entscheidungen der Politik. Die öffentliche Debatte über Für und Wider des Kohleausstiegs könnte der Wirtschaft schaden. Eine verlässliche Planungssicherheit im Energiesektor ist eine Grundvoraussetzungen für Investitionen.