Milch macht müde Männer munter – hieß ein früher Slogan für dieses Getränk. Doch die Milchproduktion ist energieintensiv. Die Molkereibranche ist durch einen enormen Wasser- und Energiebedarf gekennzeichnet: Für jede Tonne verarbeiteter Milch benötigt man bis zu 6,47 Megawattstunden Strom und 60 Kubikmeter Wasser.

Die Deutsche Milchkontor GmbH (DMK) plant die Installation eines mehrere Produktionsprozesse übergreifenden Systems, um den Ressourcen- und Energieverbrauch zu verringern. Das Bundesumweltministerium fördert dieses innovative Pilotprojekt in der Milchwirtschaft mit über zwei Millionen Euro aus dem Umweltinnovationsprogramm. Mit dem neuartigen Verfahren können jährlich bis zu 4700 Tonnen CO2 eingespart werden.

Am DMK-Standort Altentreptow in Mecklenburg-Vorpommern wird das Medienaufbereitungs- und Rückgewinnungssystem (MARS) erstmals zum Einsatz kommen. Dort werden heiße Reinigungs- und Spülmedien gesammelt und rückgestapelt, um ungelöste Abwasserinhaltsstoffe abzutrennen. In Verbindung mit einem Wärmerückgewinnungssystem werden die Energieströme zwischen dem Mediensammelsystem und den Produktionsprozessen ausgetauscht und der Produktion für Wärme- und Kühlzwecke wieder zugeführt. So wird neben der Stoffstromoptimierung beim Reinigungs- und Spülwässer eine gleichzeitige Steigerung der Energieeffizienz erreicht und die Belastung der Abwasserreinigungsanlage verringert.

Mit dem Vorhaben können jährlich bis zu 25.000 Megawattstunden Primärenergie eingespart werden. Außerdem kann im Zulauf der Abwasserbehandlungsanlage die organische Belastung um bis zu 1000 Tonnen pro Jahr und die Temperatur durchschnittlich um bis zu fünf Grad Celsius verringert werden. Daraus ergibt sich ein CO2-Minderungspotenzial von bis zu 4700 Tonnen pro Jahr.

Mit dem Umweltinnovationsprogramm wird die erstmalige, großtechnische Anwendung einer innovativen Technologie gefördert. Das Vorhaben muss über den Stand der Technik hinausgehen und sollte Demonstrationscharakter haben.

Doch nicht nur in Altentreptow befasst man sich mit der Frage von Energie und Milchverarbeitung:

Universität Hohenheim entwickelt umweltschonendere Milchverarbeitung

„Betrachtet man die gesamte Prozesskette, ergibt sich bei der Produktion von Milcherzeugnissen ein gewaltiges Einsparpotenzial“, zeigt sich  Prof. Dr. Jörg Hinrichs von der Universität Hohenheim überzeugt. Seit Anfang letzten Jahres arbeitet er deshalb gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Reinhard Kohlus am EU-Projekt EnReMilk: „Das Vorhaben will Wassereinsparungen von 30 Prozent erreichen. Im Bereich Energie strebt es eine Absenkung des Bedarfs um 20 Prozent an.“
Die Wissenschaftler der Universität Hohenheim arbeiten in EnReMilk eng mit dem Fraunhofer IGB in Stuttgart sowie weiteren Forschungs- und Firmenpartnern im In- und Ausland zusammen.
Mehr Nachhaltigkeit bei der Milchverarbeitung
Um den Energie- und den Wassereinsatz zu optimieren, betrachten die Forscher zwei typische Produktionsprozesse: die Milchpulver-Herstellung und die Mozzarella-Produktion.
„Die Erzeugung von Milchpulver ist sehr energieintensiv“, erläutert Prof. Dr. Kohlus. „Hier steht daher die Energieeffizienz im Mittelpunkt.“ Bei der Käseverarbeitung liege dagegen der Fokus mehr auf dem Wasserverbrauch, zumal fast nur Trinkwasser eingesetzt werde. Ein Problem ist die Qualität der Produkte: „Wenn wir an Stellschrauben zur Energieminimierung drehen, können sich auch die Produkteigenschaften wie Farbe, Geschmack oder Inhaltsstoffe ändern“, erklärt der Experte, „und das ist natürlich nicht erwünscht.“
Weniger Energie zur Milchpulver-Produktion
Eine Möglichkeit zur Energieeinsparung könnte zum Beispiel die Verwendung von überhitztem Dampf statt Luft zur Trocknung von Milchpulver darstellen. „Dies ermöglicht eine bessere Wärmerückgewinnung. Durch den geringeren Sauerstoffgehalt verlangsamen sich außerdem chemische Reaktionen, was günstig sein kann“, erläutert Prof. Dr. Kohlus. Das Qualitätsproblem gelte es jedoch auch hier zu lösen.
Wassereinsparung bei der Mozzarella-Herstellung
Zur Wassereinsparung betrachten die Forscher unter anderem die Verschaltung von Wasserströmen: Trinkwasser solle nur dort zum Einsatz kommen, wo es wirklich nötig ist. Und eine weitere Stellschraube ist im Visier: „Wir untersuchen, ob die Produktionszyklen verlängert werden könnten. Das würde Reinigungsvorgänge mit Trinkwasser einsparen.
Testanlagen in den Startlöchern
Eine Mozzarella-Pilotanlage steht bereits, und auch für die Milchpulver-Produktion wurden die Anlagenmodifikationen durchgeführt. Die Versuche sollen bald starten. Dabei stellt Ressourcenschonung für die beteiligten Wissenschaftler nicht nur ein Forschungsziel dar, sondern gelebte Realität: Die Milch für die Versuche hat den kürzest möglichen Transportweg – sie stammt von Kühen des universitätseigenen Meiereihofs.
Hintergrund: Projekt EnReMilk
EnReMilk ist die Abkürzung für „Integrated engineering approach validating reduced water and energy consumption in milk processing for wider food supply chain replication”. Das Projekt läuft vom 1.1.2014 bis 31.12.2017.
Beteiligt sind außer der Universität Hohenheim das federführende Fraunhofer IGB (Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik) sowie weitere Forschungs- und Firmenpartner im In- und Ausland. EnReMilk wird aus Mitteln der EU finanziert. Die Universität Hohenheim erhält 543.450 Euro und zählt es daher zu ihren Schwergewichten der Forschung.