Der Streit um die Klimaangabe verschärft sich. Zum Wochenende haben Gewerkschaften zu Protesten in Berlin gegen die geplante Klimaabgabe von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel aufgerufen.
Grünen-Chefin Simone Peter hat die Gewerkschaften davor gewarnt, beim Widerstand gegen Gabriels Kohle-Konzept „alte Fehler“ zu wiederholen. „Einige Gewerkschaften haben sich, wie die Energiekonzerne, zu lange an die Atomkraft gekettet. Das hat weder den Beschäftigten genutzt noch den betroffenen Regionen“, sagte Peter der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“  in der Freitagausgabe. „Die Jobs der Zukunft liegen bei den Erneuerbaren Energien.“ Nicht die Energiewende gefährde Jobs, betonte Peter. Die wahren Arbeitsplatzvernichter seien die Energiekonzerne, die sich der Energiewende seit eineinhalb Jahrzehnten entgegenstellten und Strukturen zementieren wollten, die auf Dauer nicht tragfähig seien.

Unterdessen kritisiert auch die Deutsche Umwelthilfe den Boykott der Klimaabgabe für alte Kohlekraftwerke durch IG BCE und Verdi . Die betroffene Regionen benötige eine langfristige Beschäftigungsperspektive,und kein Festhalten am unökologischen Status quo. Gewerkschaften und betroffenen Kohleländern würden unnötig eine Stimmung der Angst zu verbreiten, heisst es bei der Umwelthilfe. Stattdessen sollten sie eine sachliche Debatte über die klimafreundliche Energieversorgung der Zukunft unterstützen. Die Gewerkschaften IG Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) und Verdi haben für den kommenden Sonnabend eine Demonstration gegen den von der Bundesregierung geplanten Klimaschutzbeitrag für Kohlekraftwerke angekündigt.

„Die IG BCE und Verdi denken kurzfristig und auf Kosten der Umwelt. Es gibt für die Braunkohle in Deutschland aus Klimaschutzgründen keine Zukunft. Auch mit Rücksicht auf kommende Generationen ist der vollständige Ausstieg aus Kohletagebau und -verstromung mittelfristig unvermeidbar. Der Schulterschluss der beiden Gewerkschaften mit RWE und Vattenfall ist eine Koalition des Rückschritts“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Nötig sei die Entwicklung einer langfristigen Beschäftigungsperspektive für die heutigen Kohleregionen. Anstatt Ängste zu schüren, sollten die Gewerkschaften sich an dem Strukturwandel in den betroffenen Regionen beteiligen.

Keine Grundlage

Die Gewerkschaften hatten jüngst überzogene Zahlen zu Arbeitsplatzverlusten ins Gespräch gebracht. Laut einer Studie des Umweltbundesamts (UBA) entbehren diese jedoch jeder Grundlage. Das UBA geht im Gegensatz zu den Zahlen der Gewerkschaften von einem Beschäftigungsabbau in Höhe von 4.700 Arbeitsplätzen aus, der sich durch den geplanten Klimabeitrag für die Braunkohleregionen ergeben könnte. Eine Studie der DIW Econ GmbH, einem Tochterunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), rechnet außerdem vor, dass durch die Energiewende insgesamt jährlich netto 18.000 Arbeitsplätze entstehen. Das entspricht in etwa der Anzahl der Beschäftigten in der Chemieindustrie.

Müller-Kraenner betont, dass den Mitgliedern beider Gewerkschaften viel mehr geholfen sei, wenn sich die Gewerkschaften gemeinsam mit Kommunen, Hochschulen und den vielen mittelständischen Unternehmen in den Regionen Gedanken um gute Arbeitsplätze für die Zukunft machen würden. „Wir dürfen die Zukunft jetzt nicht den Energiekonzernen überlassen, die um ihre Pfründe fürchten. Deshalb sollte die Politik verstärkt in Ausbildungsmöglichkeiten und Hochschulen investieren und die Weichen für Investionen in Zukunftstechnologien in diesen Regionen stellen“, so Müller-Kraenner weiter. Ziel müsse ein breiter gesellschaftlicher Konsens sein, der über die Einzelnteressen einiger weniger stehe, sein.