Am Mekong, dem riesigen Flusssystem in Südostasien, zeigt sich beispielhaft, wie wichtig Wasser und Wassermanagement für nachhaltige Entwicklung und den Klimawandel sind.
Dabei geht es einerseits um das Menschenrecht zum Zugang zu sauberen Trinkwasser, aber auch um die Landwirtschaft, die inzwischen etwa 70 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs für sich beansprucht.
In Indien beträgt der Anteil sogar bis zu 90 Prozent. Wassermanagement an großen Flüssen, und dies vor dem Hintergrund des Klimawandels, sind dringende Herausforderungen, denen sich Entwicklungsländer stellen müssen. Mit Sabine Blumstein, Projektmanagerin bei adelphi, einem unabhängigen Thinktank und einer führenden Beratungseinrichtung für Klima, Umwelt und Entwicklung, sprach FAIReconomics über Wassermanagement und Klimadiplomatie im Mekong.
Frau Blumstein, können Sie uns verraten, warum der Zugang zu Wasser so wichtig ist?
Wasser ist die Grundlage unseres Lebens. Wir brauchen es zum Trinken, zur Herstellung unserer Nahrungsmittel (wofür auch global gesehen das meiste Wasser verwendet wird), für die Energiegewinnung, für den Transport von Menschen und Waren und natürlich auch für den Erhalt unsere Ökosysteme.
Die Wasserressourcen auf der Erde bleiben durch den Wasserkreislauf immer konstant – das heißt, dass das Wasser nicht weniger oder mehr wird. Durch den Anstieg der Weltbevölkerung und durch die Veränderungen in der regionalen Verfügbarkeit, kommt es jedoch in einigen Teilen der Welt zu wachsenden Engpässen.
Was versteht man unter Wassermanagement?
Unter Wassermanagement versteht man die Kontrolle und die Nutzbarmachung von Wasserressourcen für verschiedene menschliche Zwecke, wie beispielsweise die Wasserversorgung von Haushalten, Energiegewinnung, landwirtschaftliche Bewässerung etc. Oft spricht und agiert man heute auch im Sinne eines „nachhaltigem Wassermanagements“.  Ziel dabei ist es, die Nutzung unserer begrenzten Wasserressourcen so zu gestalten, dass allen Menschen und auch zukünftigen Generationen Wasser in ausreichender Quantität und Qualität zur Verfügung steht. In der Vergangenheit wurde oft vergessen, dass nachhaltiges Wassermanagement auch die Bedürfnisse der Umwelt – wie Ökosysteme – miteinbezieht.
Wassermanagement ist also auch etwas anderes als Wassergovernance. Ein Begriff, der heute auch sehr oft verwendet wird. Wassergovernance beschreibt den politischen und regulativen Ordnungsrahmen (Gesetzte, Verordnungen etc.) für alle wasserbezogenen Aktivitäten. Das umfasst auch gesellschaftliche Steuerungs- und Regelungsprozesse außerhalb staatlicher Strukturen, wie z.B. privater Unternehmen. Wassergovernance setzt also den konkreten Rahmen für Wassermanagementaktivitäten.
Gerade im Mekong spielt Wassermanagement eine große Rolle. Allein im unteren Mekong-Becken leben rund 60 Millionen Einwohner, für die der Strom eine wichtige Lebensgrundlage ist: Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben direkt von Landwirtschaft und Fischerei und sind damit vollkommen abhängig von den Wasserressourcen des Mekongs. Insbesondere für direkt am Fluss lebende Menschen ist der Fluss von größter wirtschaftlicher Bedeutung, denn er sichert in vielen Fällen ihre Nahrungsgrundlagen. Wie kann dieser Fluss gegen die Herausforderungen des Klimawandels geschützt werden?
Die Auswirkungen des Klimawandels im Mekong-Becken sind regional natürlich sehr unterschiedlich und bedürfen dementsprechend auch unterschiedlicher Antworten. Über die Auswirkungen des Klimawandels sind sich die meisten Länder des Mekong durchaus bewusst. Alle Länder des unteren Mekong verfügen daher z.B. auch über nationale Anpassungspläne und -politiken. Allerdings wurden dabei weder die Auswirkungen der eigenen Aktivitäten auf andere Anrainer berücksichtigt noch mögliche Synergien untersucht. Kambodscha zum Beispiel ist besonders besorgt über die Auswirkungen des Klimawandels auf Südostasiens größten See, den Tonle Sap, der für die Landwirtschaft und die Fischereiproduktion des Landes sehr wichtig ist.

Der Mekong hat große wirtschaftliche Bedeutung


Wenn nun aber China und Laos weitere Staudämme bauten, um beispielsweise den Auswirkungen des Klimawandels auf nationaler Ebene zu begegnen, würde dieses sehr empfindliche Ökosystem zusätzlich belastet werden. Trotz dieser offensichtlichen Gefahr berücksichtigt das kambodschanische nationale Anpassungsprogramm für den Klimawandel weder solche potenziellen Entwicklungen noch ergründet es, wie die Interessen der Nachbarländer mit den eigenen abgestimmt werden könnten. Um nur ein Beispiel von vielen zu nennen.
Wir müssen also die verschiedenen nationalen Klimapolitiken und -aktivitäten innerhalb des Flusseinzugsgebietes aufeinander abstimmen und mögliche Synergien suchen.
Was ist die Aufgabe der Mekong River Commission?
Die Mekong River Commission (MRC) wurde 1995 als zwischenstaatliche Organisation gegründet. Sie verfolgt das Ziel, die Ressourcen des Mekong, im Sinne der Mitgliedsländer, nachhaltig und integriert zu managen und dabei die sozioökonomische Entwicklung zu fördern und gleichzeitig, die Umwelt des Flussbeckens weitestgehend zu schützen. Folglich ist die MRC eine wichtige politische Plattform, die den vier Anrainerstaaten des unteren Mekongs die Möglichkeit bietet, regelmäßig zusammenzukommen, um sich über nationale wie auch gemeinsame Pläne und Aktivitäten zu verständigen.
Seit China am Oberlauf des Mekong sechs Staudämme gebaut hat, hat sich die Lage am Mekong stark geändert, weil Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam haben – wohl auch aufgrund des zu spät einsetzenden El Ninos in den vergangenen Jahren, unter schweren Dürren gelitten. Wie kann eine Balance zwischen den Interessen Chinas und den Anrainerstaaten hergestellt werden und wie könnte ein deutscher Beitrag dazu aussehen?
Die zahlreichen in der Planung und zum Teil in der Umsetzung befindlichen Staudämme in China sowie  –  und das muss man deutlich unterstreichen –  auch den anderen Anrainerstaaten, wie Laos oder Kambodscha, werden die Probleme auf jeden Fall weiter verschärfen. So sind unter anderem Auswirkungen auf den Wasserabfluss, Sedimentfrachten und Fischpopulationen zu erwarten. All diese Faktoren sind eng mit den Lebensgrundlagen und den Volkswirtschaften der Länder verknüpft. Wenn hier Staudämme am Oberlauf des Flusses die Lebensgrundlagen der Menschen am Unterlauf bedrohen, entstehen Konflikte. Und solche Konflikte gibt es ja jetzt schon. Der Bau des Don Sahong Staudammes nahe der laotisch-kambodschanischen Grenze erregt beispielsweise in Kambodscha und Vietnam große Besorgnis, da der Staudamm unter anderem eine wichtige Migrationsrute für Fische versperren wird.
Diesen Konflikten kann eine engere Kooperation entgegenwirken. Zum Beispiel können eine stärkere Regulierung des Flusses und die Speicherung von Wasser am Oberlauf auch dem Hochwasserschutz in nachgelagerten Gebieten dienen. Auch die Schifffahrt könnte durch eine stärkere Regulierung verbessert werden. Auf solche gemeinsamen Vorteile sollte man sich konzentrieren. Dafür sind natürlich genaue Absprachen und ein gemeinsames Management notwendig. Und genau das ist die Aufgabe der MRC.
China ist zwar kein Mitglied der MRC – und es ist auch unwahrscheinlich und auch nicht unbedingt sinnvoll, dass China in naher Zukunft der MRC beitreten wird – aber das Land hat einen Beobachterstatus und kooperiert z.B. im Bereich des Datenaustausches mit der MRC und den anderen Mekonganrainerstaaten. Hier könnte Deutschland sich dafür einsetzen, dass der Dialog weitergeführt und gestärkt wird. Denn nur, wenn man im Dialog steht, kann man in Erfahrung bringen was China für konkrete Maßnahmen plant und ggf. auf diese einwirken.
Was verstehen Sie unter dem Begriff Klimadiplomatie?
Bei Diplomatie geht es ja in erster Linie immer um zwischenstaatliche Beziehungen und die Vertretung staatlicher Interessen im Ausland bzw. auf internationaler Ebene. Und da von den Auswirkungen des Klimawandels alle Staaten in der ein oder anderen Form betroffen sind, ist der Klimawandel in den vergangenen Jahren zu einem zentralen Gegenstand diplomatischer Aktivitäten geworden. Im Zentrum der Klimadiplomatie stehen globale Verhandlungen. Es geht darum, Absprachen und Maßnahmen auf internationaler Ebene zu vereinbaren, um, wie beispielsweise beim Pariser Abkommen, die globale Klimaerwärmung zu begrenzen.
Im weiteren Sinne kann man zur Klimadiplomatie aber auch all jene gesellschaftlichen Maßnahmen zählen, die darauf abzielen, die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen und damit Frieden und Sicherheit zu stärken.