Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek haben heute das neue Hauptgutachten des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen (WBGU) „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ entgegengenommen.
Darin analysiert das Beratergremium der Bundesregierung die Zusammenhänge zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit und entwickelt Handlungs- und Forschungsempfehlungen. Zentrale Forderung des WBGU ist es, den digitalen Wandel so zu gestalten, dass er als Hebel und Unterstützung für Nachhaltigkeit dient. Die Bundesministerinnen Schulze und Karliczek begrüßen das Gutachten als wichtigen Beitrag zur Debatte über die Chancen und Risiken der Digitalisierung für die nachhaltige Entwicklung.
Mit dem Bericht „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ macht der WBGU deutlich, dass Nachhaltigkeitsstrategien und -konzepte im Zeitalter der Digitalisierung grundlegend weiterentwickelt werden müssen. Der Titel bezieht sich auf den 1987 erschienenen Brundtland Report „Unsere gemeinsame Zukunft“, der bis heute weltweit das Nachhaltigkeitsdenken prägt. Nur wenn der digitale Wandel und die Transformation zur Nachhaltigkeit synchronisiert werden kann es gelingen, Klima- und Erdsystemschutz sowie soziale Fortschritte menschlicher Entwicklung voranzubringen. Ohne aktive politische Gestaltung wird der digitale Wandel den Ressourcen- und Energieverbrauch sowie die Schädigung von Umwelt und Klima weiter beschleunigen. Daher ist es eine vordringliche politische Aufgabe Bedingungen dafür zu schaffen, die Digitalisierung in den Dienst nachhaltiger Entwicklung zu stellen, so eine der zentralen Botschaften des Berichts.
Kurzfristig geht es darum, die Digitalisierung mit den im Jahr 2015 vereinbarten globalen Nachhaltigkeitszielen (SDGs, Agenda 2030) sowie den Zielen des Pariser Klimaübereinkommens in Einklang zu bringen. Neue Technologien sollten gezielt und umfassend genutzt werden, um Menschen Zugang zu Basisdienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung, Energie und (Umwelt-)Informationen zu verschaffen und zugleich Umweltzerstörung zu verhindern. Beispiele sind die Förderung der Energiewende durch Einsatz intelligenter Energienetze, die Senkung des Fahrzeugaufkommens in Städten durch geteilte Mobilität, die den Besitz eines PKW überflüssig macht und die Nutzung digitaler Technologien für die Kreislaufwirtschaft.
Zudem müssen bereits jetzt Vorkehrungen getroffen werden, um mit tiefen gesellschaftlichen Umbrüchen umzugehen, die mittelfristig mit der Digitalisierung einhergehen: Beispiele sind der absehbare radikale Strukturwandel auf den Arbeitsmärkten, der Ersatz realweltlicher Erfahrungen in virtuellen Räumen, die vielfältigen Wirkungen von Künstlicher Intelligenz auf Bildung, Wissenschaft, Demokratie oder auch die Herausforderung, die Überwachungspotenziale der neuen Technologien demokratisch einzuhegen. Alle digitalen Veränderungen, so der WBGU in seinem neuen Gutachten, sollten auf das Gemeinwohl und die Steigerung der Lebensqualität der Menschen hin ausgerichtet werden.
Langfriststrategie
Schließlich geht es auch darum, sich auf langfristig mögliche Umbrüche vorzubereiten. So sind z.B. bei der Mensch-Maschine-Interaktion bereits heute Risiken für die menschliche Integrität erkennbar. Dies betrifft etwa sensible Neurodaten oder Neuroprothesen, bei denen ethische Aspekte bislang unzureichend berücksichtigt werden. Im Zeitalter der Digitalisierung gilt es, unser Verständnis von “menschlicher Entwicklung” neu zu bestimmen.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Digitalisierung ist kein Selbstzweck – sie sollte als Motor für mehr Nachhaltigkeit dienen. Die Digitalisierung birgt ein riesiges Potential für den Umweltschutz. Um dieses auszuschöpfen, braucht sie die richtigen Leitplanken: für den Zugang und den Schutz von Daten, für den Umgang mit und die Entsorgung von Rohstoffen, für das Schließen von Stoffkreisläufen. Das WBGU-Hauptgutachten gibt hierfür wichtige Anregungen. Ich werde das Bundesumweltministerium zum Treiber einer nachhaltigen Gestaltung der Digitalisierung machen: Wir entwickeln derzeit eine umweltpolitische Digitalagenda und ein Förderprogramm für KI-Anwendungen für Umwelt- und Klimaschutz. Außerdem werde ich das Thema Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu einem Schwerpunkt unserer deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2020 machen.“
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek: „Die Digitalisierung bietet große Chancen für die nachhaltige Entwicklung und den Klimaschutz. Forschung und Innovationen auf diesem Gebiet sind ein zentraler Schlüssel und wichtiger Impuls- und Ideengeber für den Schutz unserer Umwelt und des Klimas. Wir werden die Förderung dieser Themen in den nächsten Jahren intensiv fortsetzen. Deutschland wird davon nicht zuletzt ökonomisch profitieren. Fortschrittliche Umwelttechnologien werden weltweit in den nächsten Jahren immer gefragter sein. Generell müssen Ökologie und Ökonomie noch stärker miteinander versöhnt werden. Auch die Bildung ist ein wichtiger Faktor für eine nachhaltige Entwicklung. Mit guten Bildungsangeboten wie „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ können wir die Grundlagen schaffen für ein umweltbewusstes Leben und Handeln von Kindesbeinen an.“
Das Bundesumweltministerium ist dieses Jahr Hauptpartner der re:publica 2019, einer Messe zur digitalen Gesellschaft. Diese findet vom 6. bis 8. Mai 2019 in Berlin statt. Das BMU wird dort ein erstes Eckpunktpapier für eine umweltpolitische Digitalagenda vorstellen und über den gesamten weiteren Verlauf der Messe Feedback und Ideen einsammeln.
Das Bundesforschungsministerium fördert seit vielen Jahren die Nachhaltigkeitsforschung, zuletzt mit zwei Milliarden Euro seit 2015. Dabei ist die Digitalisierung ein zentrales Instrument. Zum Beispiel soll bei der Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt mithilfe digitaler Anwendungen die Biodiversität besser erfasst und auch geschützt werden. Bei den Kopernikus-Projekten für die Energiewende wiederum werden digitale, technologische und wirtschaftliche Lösungen für den Umbau des Energiesystems entwickelt.
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen wurde 1992 im Vorfeld der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung („Erdgipfel von Rio“) von der Bundesregierung als unabhängiges wissenschaftliches Beratergremium eingerichtet. Der WBGU wird gemeinsam von BMBF und BMU betreut und finanziert.