Vor allem in den Ballungsräumen der Großstädte steigt der Bedarf an Kitaplätzen. Doch mit dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ist es in Deutschland nicht so weit her. Das musste soeben eine Mutter aus Berlin Kreuzberg erfahren. Das Berliner Verwaltungsgericht hat trotz des bundesweit gültigen Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz – einen Eilantrag auf einen Platz zurückgewiesen. 
Das Gericht urteilte, dass die Antragstellerin zwar einen Anspruch auf einen Platz für ihr Kind bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege habe.  Diesen Rechtsanspruch müsse der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe grundsätzlich für jedes Kind sicherstellen. Ferner bejahte das Verwaltungsgericht, dass, wer einen entsprechenden Bedarf geltend gemacht habe, auch tatsächlich ein Platz zur Verfügung gestellt bekommen müsse. Allerdings könne das zuständige Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin diesen Anspruch mangels Kapazität sowohl räumlich als auch personell derzeit nicht erfüllen. Die Klage der Mutter wurde abgewiesen.
 Desaströse Situation
„Das Gericht hat die desaströse Situation  in der Versorgung festgestellt und lediglich den Status Quo beschrieben. Wo kein Personal da ist, wo keine Räume sind, kann man keine schnitzen. Und Berlin ist sogar noch eines der Bundesländer,  in dem die Platzkapazitäten am stärksten ausgebaut wurden“, benennt Stefan Spieker, Geschäftsführer der FRÖBEL-Gruppe, dem größten privat-gemeinnützigen Kitaträger in Deutschland, den Kern des Urteils.
Das Berliner Verwaltungsgericht hat genau die absurde politisch-rechtliche Situation festgehalten. Obwohl es einen individuellen Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung gebe und der Staat in der Pflicht ist, entsprechende Angebote zu schaffen und zu finanzieren, sei die Kita-Betreuung und Finanzierung vielerorts nicht auskömmlich, erklärte Stefan Spieker. Dass sich das ändern müsse, fordere FRÖBEL, aber beispielsweise auch der Paritätische Wohlfahrtsverband, schon lange. „Wir können nicht Rechtsansprüche unterlaufen oder Angebote der Kindertagesbetreuung nach Kassenlage machen. Wir müssen sie nach Bedarfslage gestalten, sie darf nicht nach Finanzlage finanziert werden.“
Das Berliner Gerichtsurteil hat das Dilemma aufgezeigt, aber schlimmer noch, den Druck von der Kommune genommen, ein Angebot für die frühkindliche Betreuung zu schaffen.
Konkurrenz auf dem Immobilienmarkt
Gerade in den Ballungsgebieten werde es für die Betreiber von Kindertageseinrichtungen immer schwieriger. Stark steigende Mieten setzen die Einrichtungen unter Druck, und die Kostensätze für Mieten, die Bezirke oder Kommunen übernähmen, beruhten auf Kalkulationen, die teilweise seit Jahrzehnten nicht fortgeschrieben worden seien, erklärte Spieker weiter.
Zudem unterschieden sich die Ansprüche an die Raumprogramme für KITAS fundamental, so schreibe zum Beispiel Nordrhein-Westfalen eine Mindestgröße pro U3-Kind von umgerechnet 17 Quadratmetern vor, während in anderen Bundesländern, wie z.B. Brandenburg, die Förderung bei neun Quadratmetern gekappt werde. „Die Genehmigung für ein Atomkraftwerk ist leichter als die für eine KITA“, so der Geschäftsführer von FRÖBEL leicht ironisch.
Entgeltfinanzierung
Sorgen bereitet dem gemeinnützigen Kita-Unternehmen FRÖBEL und anderen Trägern die Finanzierung ihrer Leistungen. Denn die Kommunen setzen nach wie vor auf ein mit spitzen Bleistift gerechnetes Kostenerstattungsprinzip und nicht auf ein System der Entgeltfinanzierung. Das laufe in die falsche Richtung. „Statt Zuwendungen nach einem relativ willkürlichen und obrigkeitsstaatlichen Kostenerstattungsprinzip müssen die Leistungen durch kalkulierbare und planbare Entgelte finanziert werden. Verbindliche Qualitätsvereinbarungen wären die Basis für die Finanzierung von Leistungen“, so Stefan Spieker.
Qualität vor Geld
Zudem seien in den meisten Bundesländern die Zuschüsse an Kindertageseinrichtungen nicht kostendeckend. Praktisch seien es vielfach Elterninitiativen oder Vereine, die die fehlenden Mittel aufwenden müssen. „Ein staatlicher Rechtsanspruch muss auch zur Gänze vom Staat getragen werden. Trägeranteile sind bei Rechtsansprüchen systemwidrig und gehören abgeschafft.“
Auch der neue Koalitionsvertrag bleibe, was die Kinderbetreuung angeht, eher im Vagen.  Zwar werde die Elternbeitragsfreiheit nun auf die Bundesebene gehoben, aber auch diese muss finanziert werden. Spieker möchte anstelle der Frage um das Geld und die Beitragsfreiheit lieber eine Diskussion über die Qualität von Kitas führen. Vor vier Jahren haben sich die Länderministerpräsidenten geweigert, einheitliche Mindeststandards für die Kitaqualität einzuführen. Inzwischen gebe es zwar ein Eckpunktepapier, „doch was wir dringend brauchen ist ein verbindliches (Bundes-)Qualitätsentwicklungsgesetz.“